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Mauersegler

17.07.20

Es ist der Inbegriff des Sommers: Durch den hellblauen Abendhimmel eilen mit schnellem Flügelschlag und dazwischen eingeschobenem kurzem Gleitflug schlanke schwarze Vogelgestalten, die mit ihren sensenblattförmigen, krumm ausladenden Flügeln und gekerbten Schwänzen an kleine fliegende Anker erinnern. Sie kreuzen und kurven auf weitläufigen Kreisbahnen durcheinander, in majestätischen Abständen, um nach hoch schwirrenden Insekten wie Mücken, Fliegen, Schwebfliegen und geflügelten Blattläusen zu jagen. Ab und zu schrammen ihre gepressten, schrillen Schreie durch die laue Biergarten-Wärme. 

Es ist der Inbegriff von Eleganz und Leichtigkeit: Wie schwarze Sternschnuppen lassen sich einige der Vögel dann in Richtung der noch weit unter ihnen liegenden Erde fallen, verdichten ihr bebendes Srieehhh-riehhhh oder Birrssss-birrssss! zu einem vielstimmigen Chor und ihre Zahl zu einer langgezogenen Flugstaffel, die manchmal in loser Keilformation, manchmal in der Form eines Kometenschweifs in Höhe der Dächer durch die Straßenschlucht fegt. So haarscharf schneidet der Trupp am Schneefanggitter vorbei und über den Dachgrat hinweg, als hätten die Segler Spaß am Nervenkitzel einer provozierten Beinahe-Kollision. Während die laute Bande wie eine geflügelte Motorrad-Gang abzieht, taucht ein einzelner Vogel in einer parabelförmigen Schleife in den Abstand zwischen den Häusern hinein, um sich von der gesammelten kinetischen Energie senkrecht zum noch unvergitterten Vordachkasten eines Siebziger-Jahre-Hauses empor tragen zu lassen. Schattenhaft verschlüpft er sich in die schmale Öffnung, zu seinem Brutplatz, der ihm bislang noch erhalten geblieben ist.

Nur von der letzten April-Dekade bis Ende Juli verweilt das Gros der Mauersegler in der Brutheimat. In dieser Zeit ziehen die durchtrainiertesten Vögel der Welt ihre Jungen an schwer zugänglichen, aber frei anfliegbaren Plätzen im Dachbereich höherer Gebäude auf und bevölkern den Himmel über unseren Städten und größeren Dörfern. Sie nutzen den Insektenreichtum der warmen Monate, um nach vollendeter Brut wieder nach Afrika zu fliegen. Je nach Wetterlage und Versorgungssituation verlassen die Jungen nach sechs bis acht Wochen das Nest, um wahrscheinlich für die nächsten Monate keinen Boden mehr unter die Füße zu nehmen.

Auf dem Flug nach Afrika orientieren die Vögel sich an den globalen Wettersystemen. Mit den Zyklonen der so genannten innertropischen Konvergenz (ITC) überqueren sie den afrikanischen Kontinent zwischen dem 10. Grad nördlicher und südlicher Breite. In den Warmluftzellen der Zyklonfront sammeln sich tausende Insekten, von denen sich die wandernden Mauersegler ernähren wie in einem Speisewagen. Nach neueren Vermutungen der Wissenschaftler machen sich die Segler durch ihre Anpassung an ein dauerhaftes Leben in der Luft von Ortsbedingungen unabhängig und haben einen Konkurrenzvorteil gegenüber afrikanischen Artverwandten